Das Paradies solo: "Die stroboskopen Jahre"
Samstag, 28. Oktober, 20 Uhr
Einlass: 19 Uhr
Kulturremise Unterlengenhardt
Das Paradies ist eine der bemerkenswertesten Stimmen in der deutschen Musik der Gegenwart. Die Ein-Mann-Band aus Leipzig macht "Feelgood-Musik auf Deutsch und in Schlau, die mit Erwartungen und Assoziationen 17 und 4 spielt", wie ein Veranstalter einmal geschrieben hat. Hinter Das Paradies steckt der Musiker Florian Sievers, der zuvor mit der Band Talking to Turtles erfolgreich war. Unter dem Künstlernamen Das Paradies schreibt und singt Sievers nun das erste Mal in seiner Muttersprache, und das macht er so beeindruckend leicht, als hätte er sein Leben lang nichts anderes gemacht.
Mit "Goldene Zukunft“ gelang ihm 2018 eines der bemerkenswertesten deutschsprachigen Debütalben der vergangenen Jahre. Plötzlich war da einer, der Songs schreiben konnte, die irgendwie neu waren, die sich so lustvoll und unverkrampft von dem abhoben, was der deutschsprachige Pop musikalisch und lyrisch zu bieten hatte. Paradies-Songs: Das sind eingängige, identitätsstiftende, inspirierende Songs, die niemals flach sind und immer gespickt mit blitzgescheiten Metaphern.
Die Dinge kamen ins Rollen. Das Paradies unternahm ausgedehnte Konzertreisen, unter anderem als Support von Element of Crime. Nach verschiedenen Singles und EPs erschien 2022 sein zweites Album "Transit", in dem Sievers Übergänge, Zwischenräume und Kontraste auslotet. Die Idee des doppelten Bodens fasziniert Sievers. In dem engen Zwischenraum lagern oft gut gehütete und kostbare Geheimnisse. Magier lassen im doppelten Boden gerne Dinge verschwinden. Vielleicht ist es kein Zufall, dass Sievers ausgerechnet während seiner Arbeit an "Transit“ einen zweiten Boden in seinem Leipziger Studio eingezogen hat. Dem Zweitling haftet auch etwas Rätselhaftes und zugleich Magisches an.
Es sind die Kontraste, die Zwischenräume, die Das Paradies ständig sucht und findet. Über dem gesamten Album „Transit“ schwebt eine schwer zu greifende Klangwolke, an allen Ecken und Enden knarzt, zirpt und flackert es, mal bedrohlich, mal unheimlich und melancholisch, dann wieder wohlig warm. Da warten überall neue Soundcollagen, die auf- und wieder abschwellen, die vordergründig und hintergründig zugleich sind. „Die klangliche Dichte in den Songs ist nach und nach zum Konzept geworden. Es ging darum, die Hierarchie zwischen den Instrumenten aufzubrechen. All diese Töne und Geräusche sollten sich gegenseitig festhalten“, sagt Sievers über seine neue Musik, die sich elektronischer gibt als bisher und mehr Haken schlägt.
„Transit“ erzählt von Menschen an Kipppunkten, vom Gefühl der Entrückung und der traurig-schaurigen Leichtigkeit des Seins. Das Erbauliche liegt auch lyrisch mehr im Dazwischen als im Offensichtlichen. „Ich glaube, in Zwischenräumen finden wir neue Ideen und Perpektiven, da werden neue Türen aufgestoßen und neue Verbindungen geknüpft“, sagt Florian Sievers. Man kann in diesen Songs wohnen und wird immer wieder neue (Zwischen-)Räume finden. Gleichzeitig sind sie voller Zeilen, die man sofort im Geiste notiert.
Ob es einen Genrebegriff für diese Musik gibt? Florian Sievers entfernt sich mit diesen Songs auf jeden Fall noch einmal einige Schritte von dem, was in deutscher Musik sonst so geschieht. Als Referenz taugen deshalb wohl weniger deutschsprachige Acts, eher sind es The Notwist, Unknown Mortal Orchestra oder Damon Albarn, die einem in den Sinn kommen. Womöglich ist „Transit“ ein weiterer Baustein in der Beweiskette, dass die Idee klassischer Genre-Zuschreibungen in der Musik auserzählt ist. Womit wir also wieder bei diesem magischen Zwischenraum des doppelten Bodens wären.
Karten zum Preis von 15 € sind im Hofladen des Ulmenhofs Unterlengenhardt erhältlich oder können per Mail an kultur-im-dorf@mail.de verbindlich vorbestellt werden.
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